Lungenembolie

Pulmonale Embolie, im Volksmund als Lungenembolie oder „Blutgerinnsel in der Lunge“ bekannt, ist eine schwere Durchblutungsstörung, bei der sich meist in den tiefen Beinvenen ein Blutgerinnsel bildet und sich dieses löst, um anschließend mit dem Blutkreislauf die Lungenarterien zu verstopfen. Dies ist ein ernster Notfall, der eine sofortige medizinische Behandlung erfordert. Der Begriff „Embolie“ bezeichnet einen Fremdkörper (meist ein Blutgerinnsel), der sich durch die Blutbahn bewegt und ein Gefäß verschließt; bei der Lungenembolie handelt es sich fast immer um ein Blutgerinnsel. Diese Verstopfung erschwert die Pumpleistung des Herzens und verhindert, dass der Körper ausreichend mit Sauerstoff versorgt wird – lebenswichtige Funktionen sind plötzlich in Gefahr.

Arten Massive pulmonale Embolie, submassive Embolie, nicht-massive (kleine) Embolie
Ursachen Tiefe Venenthrombose (TVT), längere Immobilisation, Trauma, Thrombenbildung nach Operationen
Risikofaktoren Längere Bettruhe, Krebs, Antibabypille, Adipositas, Schwangerschaft, genetische Faktoren
Symptome Plötzliche Atemnot, Brustschmerzen, schnelle Atmung, Herzrasen, Ohnmacht, Zyanose
Diagnosemethoden CT-Pulmonalangiographie, D-Dimer-Test, Lungenszintigrafie, Echokardiographie, Doppler-Ultraschall
Behandlungsoptionen Antikoagulantien (Heparin, Warfarin, DOAKs), Thrombolysetherapie, chirurgische Embolektomie, Filterimplantation (V. cava inferior)
Komplikationen Rechtsherzinsuffizienz, pulmonale Hypertonie, rezidivierende Embolie, plötzlicher Tod
Vorbeugende Maßnahmen Vermeidung längerer Immobilität, Verwendung von Kompressionsstrümpfen, niedrig dosierte prophylaktische Antikoagulation
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Prof. Dr. Yavuz Beşoğul

Facharzt für Herz- und Gefäßchirurgie

Seit 1997 führt Prof. Dr. Yavuz Beşoğul Operationen im Bereich der minimal-invasiven Herzchirurgie durch und hat seine Erfahrungen auf nationalen und internationalen Kongressen und in Fachzeitschriften geteilt.
Lebenslauf Publikationen Kommentare

Was ist eine Embolie?

Eine Embolie ist ein Verschluss eines Blutgefäßes durch ein Material (Gerinnsel, Fett, Luft, Tumorzellen etc.), das normalerweise nicht im Blut vorkommt. Diese Verstopfung verhindert die Durchblutung des betroffenen Organs. Die häufigste Embolieart ist die durch ein Blutgerinnsel verursachte Embolie, die zu lebensgefährlichen Situationen wie Lungenembolie oder Hirnembolie (Schlaganfall) führen kann. Eine frühzeitige Diagnose und Behandlung sind wichtig.

Welche Faktoren erhöhen das Risiko einer Lungenembolie?

Eine Lungenembolie entsteht meist nicht zufällig. Meist kommt es dazu, wenn der Blutfluss verlangsamt ist, die Gerinnungsneigung erhöht ist oder die Gefäßwand geschädigt wurde – dann entsteht ein „perfekter Sturm“ für die Bildung eines Gerinnsels. Es gibt zahlreiche Faktoren und Lebensumstände, die das Risiko für eine Lungenembolie deutlich erhöhen. Diese Risikofaktoren zu kennen, macht Sie auf potenzielle Gefahren aufmerksam und hilft, rechtzeitig zu handeln.

Hauptursachen für die Bildung von Gerinnseln sind:

  • Längere Immobilisation
  • Große Operationen (insbesondere Hüft- und Knieprothesen)
  • Krebs und Krebstherapien
  • Schwangerschaft und die ersten sechs Wochen nach der Entbindung
  • Erbliche Gerinnungsstörungen
  • Herzinsuffizienz
  • Adipositas (Übergewicht)
  • Rauchen
  • Hohes Alter (über 60 Jahre)
  • Östrogenhaltige Hormontherapien
  • Vergangene tiefe Venenthrombose oder Lungenembolie
  • Schwere Verletzungen und Traumata

Diese Liste zeigt, dass viele Faktoren in unterschiedlichen Lebensphasen eine Rolle spielen können. Beispielsweise kann stundenlanges regungsloses Sitzen auf einer Flugreise den Blutfluss in den Beinvenen verlangsamen und so eine ideale Voraussetzung für ein Gerinnsel schaffen. Ähnlich verhält es sich nach größeren Operationen – sowohl durch den Eingriff als auch durch die anschließende Bettruhe steigt das Risiko. Krebs kann sowohl durch die Krankheit selbst als auch durch Therapien wie Chemotherapie das Gerinnungssystem aktivieren. Gelegentlich ist eine Lungenembolie ohne erkennbare Ursache das erste Anzeichen einer verborgenen Krebserkrankung. Daher ist bei Personen mit plötzlicher Thromboseneigung eine Suche nach solchen Risikofaktoren wichtig.

Welche Symptome treten bei einer Lungenembolie auf?

Die Symptome einer Lungenembolie können je nach Größe und Lokalisation des Gerinnsels stark variieren – manchmal werden sie gar nicht bemerkt, manchmal treten sie blitzartig und lebensbedrohlich auf. Die wichtigsten Symptome, die auf eine Lungenembolie hindeuten, sind:

  • Plötzlich auftretende, unerklärliche Atemnot
  • Stechende, atemabhängige Brustschmerzen (insbesondere beim tiefen Einatmen, Husten oder Bücken)
  • Blutiger oder schaumiger Auswurf beim Husten
  • Sehr schneller oder unregelmäßiger Puls (Herzrasen)
  • Ohnmacht, Benommenheit oder starker Schwindel
  • Unerklärliche starke Angst oder Todesangst
  • Kühle, feuchte Haut oder Blaufärbung (Zyanose)

Vergessen Sie nicht, dass die Lungenembolie meist die Folge eines Geschehens in den Beinen ist. Zu den möglichen Symptomen, die am Ursprungsort – den Beinen – auftreten, gehören:

  • Schwellung (meist einseitig)
  • Schmerzen, Krämpfe oder Druckempfindlichkeit in Wade oder Oberschenkel
  • Rötung oder Farbveränderung der Haut
  • Erhöhte Temperatur im betroffenen Bein

Treten eine oder mehrere dieser Beschwerden auf, vor allem plötzlich auftretende Atemnot, Brustschmerzen oder Ohnmacht, sollten Sie dies niemals auf die leichte Schulter nehmen. „Es geht schon vorbei“ zu denken, könnte lebensgefährlich sein. Wählen Sie in solchen Situationen sofort die 112 oder gehen Sie unverzüglich in die Notaufnahme.

Ist eine Lungenembolie gefährlich, kann sie tödlich sein?

Eine Lungenembolie ist äußerst gefährlich und kann unbehandelt zum plötzlichen Tod führen. Wenn eine Lungenarterie plötzlich durch ein großes Gerinnsel verschlossen wird, wird die Sauerstoffaufnahme gestört und das Herz stark belastet. Zu den Symptomen gehören plötzliche Atemnot, Brustschmerzen und Ohnmacht. Mit frühzeitiger Diagnose und Therapie ist eine vollständige Heilung möglich, daher ist sofortige medizinische Hilfe lebenswichtig.

Wie wird eine Lungenembolie diagnostiziert?

Wenn Sie sich wegen Verdachts auf Lungenembolie in die Notaufnahme begeben, beginnen die Ärzt:innen mit der Spurensuche. Ziel ist es, die Beschwerden auf eine Embolie als Ursache einzugrenzen – denn ähnliche Symptome können auch bei Herzinfarkt, Lungenentzündung oder Panikattacke auftreten. Um die Diagnose zu sichern, werden verschiedene Untersuchungen kombiniert.

Zu den wichtigsten Diagnoseverfahren gehören:

  • D-Dimer-Bluttest
  • Doppler-Ultraschall der Beinvenen
  • CT-Pulmonalangiographie (Goldstandard)
  • Ventilations-/Perfusionsszintigrafie
  • Röntgenaufnahme der Lunge
  • EKG
  • Echokardiographie (Herzultraschall)

Heutzutage gilt die CT-Pulmonalangiographie als Goldstandard: Während der Untersuchung wird ein spezielles Kontrastmittel injiziert, das die Lungengefäße im CT sichtbar macht. So kann die Ärztin/der Arzt das Vorhandensein, die Lage und Größe eines Gerinnsels eindeutig feststellen. Röntgen und EKG dienen eher dem Ausschluss anderer Ursachen, der Beinultraschall kann die Thrombose als Ausgangspunkt nachweisen.

Welche Medikamente werden bei Lungenembolie eingesetzt?

Sobald die Diagnose gesichert ist, geht es darum, das Wachstum des Gerinnsels zu stoppen, neue Thromben zu verhindern und dem Körper zu ermöglichen, das bestehende Gerinnsel aufzulösen. Hierbei sind gerinnungshemmende Medikamente (Antikoagulantien) die wichtigste Behandlungssäule:

  • Injizierbares Heparin
  • Niedermolekulares Heparin
  • Warfarin (Vitamin-K-Antagonist, Coumadin™ u.a.)
  • Neue orale Antikoagulantien (NOAKs/DOAKs)

Die Behandlung beginnt meist im Krankenhaus mit Heparin-Injektionen. Anschließend erfolgt die längerfristige Therapie in Tablettenform. Warfarin ist ein bewährtes, aber kontrollbedürftiges Medikament (regelmäßige Blutkontrollen, Wechselwirkungen mit Lebensmitteln). Die neuen oralen Antikoagulantien sind einfacher anzuwenden (feste Dosis, kaum Nahrungsmittel-Interaktionen, keine regelmäßigen Blutwerte nötig). Die Therapiedauer beträgt in der Regel mindestens 3–6 Monate, in manchen Fällen lebenslang – individuell entscheidet die Ärztin/der Arzt je nach Ursache und Rückfallrisiko.

Thrombolytische Medikamente („Gerinnsel-Sprengstoff“) werden nur bei Lebensgefahr (schwere Kreislaufstörung, Schock, schwere Rechtsherzbelastung) eingesetzt. Sie lösen das Gerinnsel rasch auf, erhöhen aber auch das Risiko schwerer Blutungen und werden nur in ausgewählten Notfallsituationen verwendet.

Welche fortgeschrittenen Therapien gibt es bei Lungenembolie?

In manchen Fällen ist das Gerinnsel so groß, dass das Herz an seine Leistungsgrenze kommt oder thrombolytische Medikamente wegen Blutungsrisiken nicht gegeben werden können. Dann kommen invasive Verfahren zum Einsatz:

Katheterbasierte Verfahren: Ähnlich einer Angiographie wird über eine Vene in der Leiste oder im Hals ein Katheter bis zum Gerinnsel vorgeschoben. Mögliche Maßnahmen sind:

  • Direkte Verabreichung von Thrombolytika an das Gerinnsel in sehr niedriger Dosis
  • Mechanische Fragmentierung des Gerinnsels
  • Ultraschallunterstütztes Auflösen des Gerinnsels
  • Absaugung des Gerinnsels

Chirurgische Embolektomie: In Ausnahmefällen wird das Gerinnsel durch eine offene Operation (Herz-Lungen-Maschine, Eröffnung der Lungenarterie) entfernt. Indikationen sind:

  • Kontraindikation für Thrombolytika
  • Versagen der medikamentösen Therapie
  • Gerinnsel auch im rechten Herzen

Welche Komplikationen können nach Lungenembolie auftreten?

  • Chronisch thromboembolische pulmonale Hypertonie (KTEPH)
  • Rechtsherzinsuffizienz (Cor pulmonale)
  • Bleibende Lungenschäden (Lungeninfarkt)
  • Wiederkehrende Embolien
  • Postthrombotisches Syndrom (nach DVT in den Beinen)

Die tückischste Komplikation ist die chronisch thromboembolische pulmonale Hypertonie (KTEPH): Alte, nicht aufgelöste Gerinnsel verhärten die Lungengefäße, erhöhen dauerhaft den Druck und führen zur Belastung und Schwächung des rechten Herzens.

Wie kann ein Rückfall verhindert werden?

Nach einer Lungenembolie ist Prävention besonders wichtig. Folgende Maßnahmen helfen, das Risiko zu senken:

  • Verschriebene Antikoagulantien regelmäßig einnehmen
  • Bewegung im Alltag (Spaziergänge, leichte Aktivität)
  • Auf langen Reisen mindestens stündlich aufstehen und bewegen
  • Bein- und Fußübungen beim Sitzen durchführen
  • Gesunde, ausgewogene Ernährung und Gewichtsnormalisierung
  • Verzicht auf Rauchen
  • Ausreichend Flüssigkeit trinken
  • Regelmäßige Kontrolluntersuchungen beim Arzt wahrnehmen

Diese Maßnahmen helfen nicht nur, eine neue Embolie zu vermeiden, sondern fördern die allgemeine Gefäßgesundheit. Achten Sie auf Warnsignale Ihres Körpers und zögern Sie im Zweifelsfall nie, ärztliche Hilfe zu suchen.

Nach einer Lungenembolie-Operation

Operationsart Offene chirurgische Embolektomie oder endovaskulärer Kathetereingriff zur Entfernung des Embolus
Erholungszeit Durchschnittlich 4–8 Wochen; abhängig vom Gesundheitszustand, der Größe des Embolus und der gewählten Methode
Körperliche Aktivität Frühzeitige, leichte Mobilisierung empfohlen; Bewegungsmangel erhöht das Rezidivrisiko
Medikamentöse Behandlung Längere Antikoagulation (z. B. Warfarin, DOAKs); ggf. Sauerstoff- und unterstützende Herztherapie
Röntgenologische und klinische Kontrolle Verlaufskontrolle mittels CT-Angiographie, Echokardiographie, Überwachung der Rechtsherzfunktion und des Lungenarteriendrucks
Komplikationen Rezidivembolie, Blutungen, pulmonale Hypertonie, Rechtsherzinsuffizienz, Infektion, Herzrhythmusstörungen
Wund- und Katheterpflege Kontrolle der Schnittstellen bzw. Kathetereinstichstellen auf Infektionszeichen
Atemunterstützung Sauerstofftherapie, Atemübungen und ggf. Spirometrie empfohlen
Ernährung Bei Warfarin: auf Lebensmittel mit hohem Vitamin-K-Gehalt achten; bei neuen Antikoagulanzien meist keine Einschränkungen
Rauchen & Alkohol Beides wird nicht empfohlen, da es das Gefäßrisiko und das Rezidivrisiko erhöht
Sexuelle Aktivität In der Regel nach 3–4 Wochen wieder möglich, wenn sich der Allgemeinzustand verbessert hat
Psychologische Unterstützung Nach einem lebensbedrohlichen Ereignis sind Ängste und Stress häufig – professionelle Beratung kann helfen
Fahrtauglichkeit In der Regel nach 2–4 Wochen, sobald Bewusstsein, Reaktionsvermögen und Sauerstoffsättigung stabil sind
Kontrolluntersuchungen Häufige Kontrollen in den ersten 3 Monaten, danach nach individuellem Behandlungsplan bei Hämatologie/Kardiologie

Häufig gestellte Fragen

Ja, eine Lungenembolie ist eine akut lebensbedrohliche Erkrankung. Wird eine große Lungenarterie durch einen Thrombus blockiert und erfolgt keine rasche Behandlung, kann dies in kurzer Zeit zum Tod führen. Moderne Diagnose- und Therapieverfahren senken das Risiko jedoch erheblich. Bei Verdacht sollte sofort ein Notarzt gerufen werden!

Das Gerinnsel entsteht plötzlich, aber die Behandlung dauert Wochen bis Monate. Die blutverdünnende Therapie dauert mindestens 3–6 Monate, manchmal lebenslang. Es dauert, bis das Gerinnsel vom Körper aufgelöst wird.

Bei den meisten Patient:innen verschwindet das Gerinnsel vollständig und die Lungenfunktion normalisiert sich. Bei schweren oder spät behandelten Embolien kann eine dauerhafte pulmonale Hypertonie entstehen.

Ja! Mit rechtzeitiger und konsequenter Behandlung erholen sich die meisten Betroffenen vollständig und führen ein normales Leben.

Lange Immobilität, größere Operationen, Krebs, genetische Gerinnungsstörungen, Schwangerschaft, Antibabypille und Rauchen sind die wichtigsten Risikofaktoren. Mehrere Risikofaktoren erhöhen das Risiko zusätzlich.

In der Regel nicht direkt; das Röntgenbild dient dem Ausschluss anderer Erkrankungen. Die sichere Diagnose erfolgt meist per CT-Angiographie.

Die Diagnose wird meist in der Notaufnahme gestellt; Behandlung erfolgt durch Pneumolog:innen, Kardiolog:innen und ggf. Herz-/Gefäßchirurg:innen.

Beschwerden und Risikofaktoren werden bewertet. D-Dimer-Test, Doppler-Ultraschall und CT-Angiographie sichern die Diagnose.

Sehr selten, aber möglich – zum Beispiel bei zu niedriger Dosierung oder sehr hohem Risiko (z. B. aktiver Krebs). Deshalb sind regelmäßige Kontrollen wichtig.

Antikoagulantien exakt wie verordnet einnehmen, regelmäßige Kontrollen wahrnehmen, auf Blutungszeichen achten, längere Immobilität vermeiden und geplante Eingriffe immer mit dem Arzt absprechen.

Bei Warfarin-Einnahme sollte der Verzehr von Vitamin-K-reichen Lebensmitteln (z. B. Spinat, Kohl, Brokkoli) auf gleichbleibendem Niveau gehalten werden. Bei neuen oralen Antikoagulanzien gibt es meist keine Einschränkungen.

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